Ein neues Leben für Herrn Y.

Im Schatten des Kernkraftwerks Saporischschja, begann die Reise eines Mannes, der in Deutschland nicht nur Zuflucht, sondern auch eine neue berufliche Heimat finden sollte. Herr Y., ein erfahrener Ingenieur, landete in Berlin, genauer gesagt im Ankunftszentrum Tegel, wo ihm als erstes eine Unterkunft zugewiesen wurde.

Doch das war erst der Anfang seiner Odyssee. Um in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen, musste Herr Y. sich den Herausforderungen stellen, vor denen so viele vor ihm bereits gestanden hatten: die deutsche Sprache, der Papierkram und die endlos scheinende Bürokratie. Doch durch Zufall und Mundpropaganda fand er den Weg zum ingeus Ukraine-pro-bono Projekt, wo er nicht nur Antworten auf seine brennendsten Fragen fand, sondern auch tatkräftige Unterstützung bei der Antragstellung im Jobcenter – alles Hand in Hand mit seiner persönlichen ingeus-Coach, Nataliya Schamberger. Bei diesen Terminen erkannte unsere Kollegin das Potenzial des Kunden, aber auch die Komplexität seiner Fragen: Deshalb riet sie ihm, umfangreichere Unterstützung im Rahmen eines AVGS zu beantragen.

Im AVGS eingemündet arbeitete Herr Y mit seiner Coach, Olga Ernesti, seine beeindruckende Erwerbsbiografie auf. Er konnte mit 38 Jahren bereits auf gut 15 Jahre Berufserfahrung als Ingenieur in verschieden Kraftwerken in der Ukraine zurückblicken, zuletzt im AKW Saporischschja.

Herr Y. war zurückhaltend und bescheiden, aber offen jede sich bietende Arbeitsgelegenheit zu ergreifen. Die Unsicherheit, ob seine Kompetenzen und seine sprachlichen Fähigkeiten in der neuen Umgebung Anerkennung finden würden, nagte an ihm. Doch mit der Unterstützung seines Coaches erstellte er einen aussagekräftigen Lebenslauf und wagte sich an die Erkundung beruflicher Möglichkeiten. Parallel dazu besuchte er einen Integrationskurs, um sich mit der deutschen Sprache anzufreunden.

Auch ingeus-Coaches gehen manchmal in Urlaub und so musste Herr Y. mit einer Urlaubsvertretung in deutscher Sprache seine Beratung fortsetzen. Diese Aufgabe stellte eine Herausforderung dar, zeigte aber auch seine große Lernbereitschaft. Im Gespräch wurden Lernstrategien besprochen und die These aufgestellt, dass Herr Y. die Fremdsprache besser beherrschen würde, wenn er im technischen Arbeitsalltag damit konfrontiert wird. Mit diesem Ziel wurde der Lebenslauf überarbeitet und verschiedene technische Details eingearbeitet. Der Berater Matthias Müller nahm daraufhin direkten Kontakt mit einem Berliner Heizkraftwerk auf. Das Glück war auf ihrer Seite, und es konnte ein Telefonat mit dem Leiter der Kraftwerkssparte Berlin geführt werden. Dieser war von Herrn Y.s Geschichte sofort begeistert und versprach, eine Möglichkeit für ein Praktikum zu suchen. Mit diesem Ziel vor Augen kam Herr Y. wöchentlich in die Nachbetreuung ins Büro, um bei einer Runde Tischtennis Deutsch zu üben. Anfang Oktober war es dann so weit und das Angebot konkretisierte sich. Das Ergebnis hat dann sowohl Herrn Y. als auch den Berater überrascht, weil das Unternehmen ein 6-monatiges bezahltes Praktikum in Vollzeit angeboten hatte. Herr Y. blieb auch nach der Arbeitsaufnahme ein regelmäßiger Gast im Reinickendorfer Büro, weshalb er im Frühjahr freudig von der Verlängerung des Vertrags berichten konnte. Die Arbeit in einem komplett deutschsprachigen Team zeigte auch schon große Veränderungen im alltäglichen Sprachgebrauch, auch wenn ihm Wörter wie „Warmwasserausgleichsbehälter“ noch immer ein Schmunzeln ins Gesicht zauberten. „In der Ukraine haben wir das einfach Boiler genannt“, erklärt er.

Sechs Monate später konnte Herr Y. freudig berichten, dass ihm die Rolle des Schichtleiters übertragen wurde. Aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit wird Herr Y.s Vertrag drei Monate später nach einer verkürzten Probezeit entfristet. Das i-Tüpfelchen ist der Sprachkurs, den sein Arbeitgeber als Weiterbildung finanziert. Herr Y. freut sich: „Nun kann mein neues Leben in Berlin wirklich beginnen!“ Für das Reinickendorfer ingeus Team ist dies das wunderbare Ergebnis einer großartigen Teamleistung.